von Tijan Slia
Mein Leseeindruck:
Tijan Sila ist 1981 in Sarajevo geboren. In seinem autobiografisch gefärbten Roman schildert er Kindheit im Bosnienkrieg. Als Tijan Sila 10 Jahre alt ist, beginnt die Belagerung Sarajevos. Diese schildert er aus Sicht eines Zehnjährigen. Wir lesen von Bombardierungen, Angst, Hunger, Kälte, Momente, in denen Kinder trotz allem Kind sein wollen. Es ist beängstigend wie schnell der Krieg bald zum Alltag eines Kindes wird.
Die Sprache ist einfach, etwas lakonisch und wird wie der Ich-Erzähler immer roher. Es sind die kleinen Momente und Wahrnehmungen, die das ganze Ausmaß des Krieges eindrücklich beschreiben.
Auf 208 Seiten werden nur fragmentarisch Momente und Situationen geschildert, historische Orte, Fakten und Erklärungen werden nicht mit erzählt. Ich habe während der Lektüre noch einiges recherchiert. Der Schwerpunkt der Erzählung liegt auf der Zeit in Sarajevo. Ich hätte gerne noch mehr über die Jahre danach erfahren, aber dazu findet man im Roman nur Andeutungen.
Ich war beeindruckt, wie der Autor es schafft, dass der Krieg nicht abstrakt bleibt, sondern mit fühlbar wird – aus der Sicht eines individuellen Kindes, mit persönlichen Verlusten und Hoffnungen. Es zeigt exemplarisch, wie die Menschen die Belagerung überlebt haben.
Gleichzeitig macht der Roman das Vergessene sichtbar. Der Bosnienkrieg ist nicht nur ein vergangenes historisches Ereignis, sondern eine Erfahrung, die bei den Betroffenen bis in die Gegenwart wirkt.
Ein unbequemes, wachrüttelndes und beklommen machendes Buch, dass wichtiger und aktueller nicht sein kann. Eine klare Leseempfehlung.
Radio Sarajevo, Tijan Sila, Nagel & Kimche, 208 Seiten
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