von Femke Vindevogel
Mein Leseeindruck:
Die junge Iggy lebt mit ihrer Mopsdame Kuro in Gent. Sie arbeitet in einem Museum und versucht sie sich nicht unterkriegen zu lassen. Die Beziehung mit ihrer Partnerin Luca ist vorbei. Ihre Vergangenheit verschweigt sie.
Durch eine unerwartete Erbschaft werden Iggys Kindheitstraumata aber wieder lebendig. Vor Iggys Tür stehen zwei Gewerbesäcke mit Backsteinen. Ihr Vater hatte die Steine in einer Suchtklinik mit einem Wandgemälde bemalt und die abgeschlagenen Steine schleppt sie nun unter großer Anstrengung in ihre Dachgeschosswohnung.
Beim Zusammensetzen des Gemäldes überfluten Kindheitserinnerungen Iggys Alltagsleben. In Rückblicken erzählt die Autorin in Erinnerungsfetzen von ihrer Kindheit. Der alkoholkranke und narzisstische Vater tyrannisiert mit psychischen und physischen Gewalt seine Familie. Nach und nach erfahren die Lesenden, wie Iggy, ihre jüngere Schwester und ihre Mutter unter der Alkoholsucht des Vaters leiden. Der Vater hat eine Obsession für die DDR. Er wollte seine beiden Töchter zu Gehorsam und Disziplin erziehen, dazu gehörten ein Bestrafungskeller und ein Ferienlager mit Stasi-Methoden.
"Er werde uns kaputt machen, schrie er. Das verwirrte mich. Wir waren doch schon kaputt. Niemand konnte zweimal kaputtgehen."
Als Iggy das Gemälde in ihrer Dachgeschosswohnung wieder zusammensetzt, fehlen einige Steine. Zusammen mit ihrer Exfreundin macht sie sich auf die Suche nach den fehlenden Backsteinen. Auch ihrer Schwester, mit der sie seit Jahren kein Kontakt mehr hat, kann sie dabei nicht länger aus dem Weg gehen.
Ich hatte anfänglich etwas Schwierigkeiten mit der metapherreichen und etwas holprigen Sprache. Nachdem ich mich an den Erzählton und die Sprache gewöhnt habe, konnte mich das Buch in seinen Sog ziehen. Die feinfühlige und humorvolle Sprache scheint kaum zur Tiefe und Schwere des Inhalts zu passen. Die Gefühls- und Gedankenwelt von Iggy hat mich sehr berührt. Ich war schockiert, wütend, traurig, hoffnungsvoll und mitfühlend beim Lesen.
Ein außergewöhnlicher Entwicklungsroman über Resilienz und den Versuch einiges hinter sich zu lassen und zaghaft in die Zukunft zu blicken.
Backstein, Femke Vindevogel übersetzt von Ingrid Ostermann, 240 seiten, Steidl Verlag
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