Wie du mich ansiehst

Veröffentlicht am 18. Mai 2025 um 16:37

von Eva Lohmann

Mein Leseeindruck:

Johanna hat zwei Dinge von ihrem Vater geerbt: den geliebten Schrebergarten ihrer Kindheit und eine tiefe Stirnfalte, die einfach nicht mehr weggehen möchte.

Den Garten will die Floristin Johanna behalten, die Stirnfalte soll lieber weg. Trotz meiner Gartenliebe war ich von der Schönheitsthematik um Botox und Hyaluron eher abgeschreckt. Als Marina uns das Buch im Lesekreis empfohlen hat, habe ich das Buch doch angelesen und es hat meine Erwartungen übertroffen.

Die Geschichte hat keinen mitreißenden Spannungsbogen und außergewöhnliche Twist aber die Geschichte konnte mich, als 40-Jährige abholen und ich konnte mich mit der Johanna identifizieren. Viele Fragen und Gedanken des Romans kamen mir bekannt vor.

Johanna hadert mit dem Loslassen, dem ihres verstorbenen Vaters, ihres jugendlichen Aussehens und der Selbstständigkeit ihrer Tochter. Johanna hat das Gefühl für Männer unsichtbar geworden zu sein. Den Vergleich mit ihrer jüngeren und energiegeladenen Mitarbeiterin hält ihre faltige Stirn und ihr zurückhaltender Charakter nicht mehr stand. Das bringt ihr Selbstwertgefühl ins Wanken. Für ihre Teenagertochter wird sie immer unwichtiger. 

Mit Johanna hat die Autorin eine Protagonistin geschaffen, die im Kontrast zu anderen Powerfrauen-Romanen steht. Sie ist ein bisschen lethargisch, unordentlich,  will in der Erziehung ihrer Tochter nicht um jeden Preis alles richtig machen und überlässt ihrer Mitarbeiterin im Blumenladen gerne das Feld. Eine erfrischende und nahbare Hauptfigur. Für mich bot die Auseinandersetzung mit der Protagonistin die Möglichkeit zur eigenen Reflektion.

Gut gefallen hat mir, neben dem ruhigen Erzählton, auch die beschriebene Frauenfreundschaft zu ihrer langjährigen Freundin. Trotz ihrer Unterschiedlichkeit, akzeptieren sich die beiden Frauen und unterstützen sich.

 

Ein leiser und feministischer Roman über die Neuorientierung in der Lebensmitte, Freundschaft, das Altern von Frauen und den Umgang der Gesellschaft damit.

Eine Leseempfehlung.

 

Wie du mich ansiehst, Eva Lohmann, Eisele Verlag, 240 Seiten

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